18. März 2019

Angst

Als ich diesen Artikel http://www.spiegel.de/panorama/justiz/chemnitz-prozess-richter-sollen-politische-haltung-offenlegen-a-1258400.html bei Spiegel Online las, wurde mir klar, dass sich gewaltig etwas geändert hat in Deutschland und ich bekam Angst.

Eine Anwältin möchte, dass die Richter offenlegen, ob sie Mitglied der AfD sind oder diese Partei oder Pegida unterstützen.

Sicherlich, Anwälte machen gerne mal taktische Schachzüge, Anträge wegen der Besorgnis der Befangenheit gehören da durchaus oft dazu. Jedoch finde ich es bemerkenswert, dass die Zugehörigkeit zu oder das Sympathisieren mit einer Partei, die im Deutschen Bundestag vertreten ist, einen Anwalt beunruhigt. Dennoch ist es durchaus nachvollziehbar.

So klar (und aus meiner persönlichen Sicht verständlich) es ist, dass die Anwältin da klare Nachteile für ihren Mandanten sieht, so schlimm ist es, dass diese Partei es damit augenscheinlich geschafft hat, die Unabhängigkeit der Justiz und besonders die Unabhängigkeit der Richter in Frage zu stellen.

Es ist aus meiner Sicht ein extrem schlimmer Vorgang, dass man wohl glaubt, dass die politische Orientierung von Richtern Auswirkungen auf einen Prozess haben kann – und das nach Aussage der Anwältin als wahrscheinlich einschätzt.

Und liest man so – was ich nahezu täglich mache – was die AfD und Ihre Sprecher auf sozialen Netzwerken von sich geben, so ist die Befürchtung der Anwältin durchaus eine These, die man anhand dieser Postings mit Zitaten unterfüttern kann. Abgesehen davon, dass ich bei der Wortwahl – vor allem von Professor Meuthen – jedes Mal denke, was er nur studiert haben mag – Deutsch und Grammatik waren es sicher nicht – so wird doch sehr klar, dass die AfD eine harte Bestrafung für mutmaßlich kriminelle Ausländer fordert, besonders für Flüchtlinge oder Asylsuchende.

Dass dabei zwischen den beiden Gruppen fast nie unterschieden wird und dass eine Unschuldsvermutung scheinbar auch grundsätzlich in solchen Fällen nicht gilt, das sei nur am Rande erwähnt. Täte man dies, so könnte man schlicht nicht so gut hetzen und Stimmung machen – bei den Leuten, die sowas dann für bare Münze nehmen. Und die will man scheinbar nicht durch Fakten verwirren.

Insofern: Ja, ich glaube, die genannte Gefahr besteht mittlerweile. Ob im konkreten Fall kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber man denkt über so etwas nach, man muss über so etwas nachdenken.

Und das in Deutschland.

Wobei, so etwas gab es in Deutschland schon öfter. Ob es in der Zeit des Naziregimes war oder, selbstverständlich in anderer Ausprägung, in der DDR.  Man muss nicht lange darüber nachdenken, um zu verstehen, was dass für die Betroffenen bedeutete. Oftmals bezahlten die mit ihrem Leben.

Und nun hat man zumindest die nicht unbegründete Angst, dass es wieder Gerichtsverfahren geben könnte, deren Ausgang maßgeblich von Gesinnungen der Richter abhängt – und nicht ausschließlich von Recht und Gesetz.

Das ist ein herber Rückschlag für uns, für unsere Gesellschaft.

Es zeigt einmal mehr, dass man dagegen etwas tun muss und es nicht zulassen darf, dass ein paar Rechtsextreme uns das nehmen, was uns ausmacht. Nämlich, dass wir in einem Land leben, wo Menschenrechte für alle Menschen gelten und nicht nur für ausgesuchte Menschen. Dass wir in einem Land leben, wo Toleranz und Freiheit Werte sind, die über Hass und Intoleranz stehen.


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