26. Januar 2018

Wie führt man eigentlich Koalitionsverhandlungen?

Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung.

Wahrscheinlich geht es dort genauso zu, wie bei anderen Verhandlungen auch. Man tauscht Positionen aus, sucht bei Unterschieden Kompromisse und schaut am Ende, dass jeder damit einigermaßen zufrieden ist. Zumindest sollte man am Ende einen Kompromiss haben, bei dem jeder Verhandler zustimmen kann. Natürlich kann das mehr oder weniger Entgegenkommen bedeuten, je nachdem, wer was und warum verhandelt.

Aber nun sollte man denken, dass ja zumindest die CDU, die CSU und die SPD Erfahrung haben sollten, wie man miteinander verhandelt. Ende September beschrieb der SPD-Vorsitzende Martin Schulz es so, dass die CDU und die CSU gerne zu Entgegenkommen bereit seien, er kenne das und da müsse sich niemand sorgen, denn das einzige Ziel der Bundeskanzlerin sei, es zu bleiben. Eine witzige Szene, anzusehen hier: https://youtu.be/yOddv7qtwCA?t=12m30s – es fängt direkt an der besagten Stelle an. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Martin Schulz sich wünschen würde, es gebe sowas nicht so leicht im Internet  zu sehen.

Den direkten Bezug zum SPD-Sonderparteitag herzustellen, wo nach den Sondierungsgesprächen entschieden wurde, das Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden sollen, fällt vor diesem Hintergrund etwas schwer. Denn dort wurde hart darüber gerungen, wie die Entscheidung sein solle und die Befürworter für Verhandlungen – und das waren im wesentlichen die SPD-Politiker, die vor vier Monaten sehr dafür waren, in die Opposition zu gehen – haben mit teilweise sehr eindrucksvollen Reden für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen geworben. Und es gab sehr großartige Sprachbilder. Wie zum Beispiel das aus der Rede von Frau Nahles, die versprach, dass die SPD verhandeln werde, bis es quietscht.

Man merkt, irgendwie passt das alles nicht so überein.

Aus meiner Sicht ist es gar nicht verwerflich, dass die SPD ihre Haltung komplett aufgegeben hat und von der kurz nach der Bundestagswahl getätigten Aussage zu heute hin eine Wende von 180 Grad gemacht hat. Natürlich ist es auf den ersten Blick komisch, aber man muss dazu auch verstehen, dass dazwischen ja auch die Welt – auch die innenpolitische Welt – nicht stehengeblieben ist. Es gab neue Entwicklungen und Anforderungen und das führt nun, nach der Bewertung der SPD-Vorstände zumindest, dazu, dass man sich anders entscheiden kann. Oder gar musste. Oder zumindest sollte.

Das einzige, was ich jedoch kritisieren mag bei dieser Meinungsänderung: Die SPD täte gut daran, die Beweggründe etwas transparenter darzustellen. Ansonsten wird es nach meiner Einschätzung sehr eng werden, wenn die Parteimitglieder über das Ergebnis der Verhandlungen abstimmen werden. Und das wird dann weniger mit den wirklichen Inhalten und Ergebnissen zu tun haben. Vielmehr wird es der Tatsache geschuldet sein, dass viele denken werden, sie stimmen darüber ab, ob die SPD denn nochmal regieren solle oder nicht. Und das ist ja de facto auch so. Aber ich würde den SPD-Mitgliedern eine bessere Kommunikation wünschen.

Was wir festhalten können: Es bleibt spannend in Sachen Regierungsbildung.


 

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